
Früher hatte jeder Tag eine neue Faszination. Und davon habe ich mich spielerisch fangen lassen. Die kindliche Unschuld läßt sich immer gerne fangen; eine Erfahrung, die stets wachgeblieben ist, bei allem, was noch kommen sollte. Als Kind hörte ich einmal, daß diejenigen übrigbleiben, die alle unter einem Baum stehen. Als ich aber danach fragte, wo sich dieser Baum befindet, bekam ich keine Antwort. Wie viele Menschen passen unter einen Baum? dachte ich. Oft habe ich darüber gerätselt. Ich stand einer Welt gegenüber, in der ich stolperte, fiel und wieder aufstehen mußte, ja, und von der ich noch viel mehr lernen sollte. Ich mußte hart lernen – vor allem Dinge und Abläufe geschehen zu lassen, die ich nicht ändern konnte. Ausgeliefert fühlte ich mich – und das sehr früh, denn ich mußte mich einfügen in eine Form, die mich arg musterte und forderte. Zur Hilfe kam mir eine der großen Eigenschaften des Menschen, die ja darin besteht, sich gut anpassen zu können. Allerdings schwor ich mir damals: Wenn ich groß bin, werde ich das alles ändern!
Meine Vorstellungen waren keine Träume, es war eine andere Welt, sollten die anderen nur reden; ich konnte damit gut leben. Denn in diesem mir überlassenen Raume war ich Herr meines Herzens, auch wenn eine ziemlich starke Einschüchterung immer schärfer danach griff; ein Teil in mir fühlte genau, daß das nicht das wahre Leben sein kann. Merkwürdigerweise kam mir in all den Jahren immer wieder dieser sonderbare Baum ins Gedächtnis, von dem ich kindlich gesehen überzeugt war, er stehe immer sichtbar am Waldesrand, sonst findet ihn ja niemand. Die Märchenbücher taten ihr übriges – lehrten mich, daß er auch woanders stehen könnte. Wie viele Male hat sich seither die Erde gedreht? – bis zu der Erkenntnis, daß es dein Baum ist und daß dieser dir folgt, solange du an ihn glaubst, und daß dieser Baum die Fähigkeit besitzt, sich der Form anzupassen, die du erkennst. Du allein bist es, der diesen Baum leben läßt.
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