
Müde geworden ist das Leben von all der Anstrengung. Der ständige Ruf des Alltags mit seiner Pflicht zeichnet den Menschen bitter aus; Empörung, Erschöpfung und Schwäche, die es so vorher nicht gab. Der Zugang zur eigenen Jugend verschleiert sich zusehends. Und so sehr man sich zurückwünscht, es gelingt nicht. Auch der Wunsch, gerne tieferen Einblick zu nehmen, gelingt nicht; die wahre, frühe herzensvolle Lebensvertrautheit vernebelt unaufhaltsam. Nur ab und an ein Lichtblick, und ein unbestimmtes zeitlos verträumtes Lächeln, das so viel sagt… Viele Eindrücke und Verführungen versuchen den Menschen – bis er sich aus all dem irgendwann wieder herausfinden muß oder sich gänzlich darin aufgibt. Das Leben zu lernen und zu verstehen, scheint mühsamer als alles andere. Ja, wann beginnt das Verstehen? Mit den schwerer werdenden Jahren? Mit den schwindenden Kräften? Wenn die Tage unabwendbar schneller vergehen, als das Ich ihnen folgen kann. Da hilft der Glaube. Doch der Glaube ist das eine, wäre da nicht das Leben. Die Neigung wächst, daß mit jedem neuen Hindernis die Achtung schwindet, so, wie die Not irgendwann den Anstand aufzehrt. Was anfangs in das Leben hineingehofft wurde, klingt irgendwann wie eine altträumerische Sage. Nur noch für Junge und Heilige. Rauh und roh ist sie geworden. Jeder träumt von der Liebe, doch man meidet sie.
Ständig mehr Aufwand benötigt das Bemühen bei abnehmenden Möglichkeiten, sich dem zu entziehen, trotz immer größerer Zerstreuung. Es bleibt immer weniger Zeit, je schneller der Mensch handelt. Warten auf den einen Frühling, der doch bald kommen soll, nur hat er gerade mehr mit dem Winter zu tun. Egal wann Ostern ist, Auferstehung findet nur unterm Kreuze statt. Und dann dieses Nadelöhr, das selbst wie ein Kreuz ist. Die verbliebenen Freuden zeigen sich oft nur noch als wiederholte und arg bemühte Witze Altjugendlicher, die solange neu aufgewärmt werden, bis sie einen kalt lassen. Jedes Jahr diese Abfolge der Geschichten, die gleichen Leute, die gleichen Reden, die gleichen… Zynisch? Was ist wahres Leben?
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