Der Traum vom Fliegen

Der Traum vom Fliegen

die sanfte Falkin

Mitten im Weltgeschehen beginnt eine neue Erfahrung mit der Liebe. Die noch unerfahrene und unbekannte Liebe. Zunächst zeigt sie sich als zarte Regung, später in einer Sehnsucht, die das Herz dermaßen in Unruhe versetzt, daß es eines Tages überzulaufen droht. Ein pulsierender Quell aufwühlender, sehnsüchtiger Emotionen mit einer unstillbaren Leidenschaft nach Nähe, Berührung und Erlösung.

Nun beherrscht die jugendliche, unbezwingbare und lebenshungrige Kraft eine gewisse Zeit das Wesen – mit dem Gefühl, daß das ein ganzes Leben lang so bleibt: Ein übervolles Herz und eine ewige Jugend in rauschvoller Glücksvereinigung. Und dann kommt man mit all diesen Eindrücken auch noch an die Wegscheide: wo eine flüchtige Begegnung in ihrer absichtslosen Art alles verändert – und das eigene Wesen in eine Tiefe führt, die man zuvor nicht kannte. Und die Worte: „Ich liebe dich – und ich werde dich immer lieben, das weiß ich ganz genau!“ wird man bestimmt nicht mehr vergessen. Welch eine Aussicht: Wie in einer himmlischen Mission des Glücks kann man in den Augen des anderen die eigene Liebe sehen…

Und in einer bisher nie gekannten und abenteuerlichen Hochstimmung gibt man sich dem anderen so weit hin, daß man sich bereits in den Sternen liebt. Leider erkennt man dieses göttliche Geschenk oft erst sehr spät. Denn unbemerkt bestimmt die Pflicht mehr und mehr den Alltag, und verstörend beginnt die Auseinandersetzung mit den unerlösten Teilen der Liebe, von denen man bisher nichts wußte. Das führt in den meisten Fällen zu einer spürbaren Abkühlung und oft auch zum Absturz mitten hinein in das graue Einerlei. Der folgende Ablauf ist bei vielen ähnlich: Nach einer mit der Zeit zunehmenden Entfremdung bleibt am Ende oft nur noch der alte Schwur der ewigen Liebe. Vermehrte Pflicht und eine sich steigernde Erwartung beschleunigen die Abwärtsbewegung, – mit immer schwierigerer Verständigung und gegenseitiger Überforderung, weil man in der eigenen Verzweiflung das Herz des anderen partout nicht mehr frei erreicht; wo beide sich doch eigentlich eine Hilfe sein sollten auf dem gemeinsamen Weg zum freien Einssein.

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