
Tränen
Jeder weitere Versuch kann somit nur noch zu früh oder zu spät, oder nicht stilgerecht sein, oder ganz einfach: Wenn ein Herz nicht mehr sieht, so werden die Augen es richten. Man lebt und lebt – und sieht sich nicht mehr. Tränen sind jetzt nur noch Wasser. Irgendwann aber wird es dann leiser, denn die Macht dumpfer, überwältigender Ruhe breitet sich stetig übermächtiger aus, bis alles gestillt ist – und aus. Das Zerstören verrichtet unaufhaltsam sein treues Werk und ist gehorsam dem Ende verpflichtet. Verbraucht kann man dann gehen, alles ist getan, was zu tun war. Enttäuschte Hoffnungen wie zerrissene Fahnen nach einem viel zu starken Orkan, – den man nie verstanden hat. So bleibt am Ende nur die Ahnung von einer der schlimmsten Katastrophen zweier Menschen mit sich selbst!
Trennen
Opfer fühlt sich immer gut an, sagt sich der Täter, so braucht er nichts zu tun. Und jemanden einzuschüchtern oder auf ihn einzuprügeln, ist für den, der einschüchtert, immer noch leichter, als sich selber unterlegen zu finden, so glaubt er. Scheinbar begründeter Glaube, wenn sich eine Beziehung später doch dermaßen desolat und ruiniert wiederfindet, die er zum größten Teil doch selber mitgestaltet hat. Klar, daß solche Wege sich trennen müssen. Der Schlüssel der gemeinsamen Pforte wurde längst schon wie ein Staffelstab weitergegeben. Denn es folgt nun eine andere Hoffnung und die soll mit der neuen Liebe alles wieder richten, wobei außer Acht bleibt, daß das auch ein gehöriges Stück Mißbrauch sein könnte: ein existierendes Defizit bei einem anderen füllen und ausgleichen zu müssen. Jedoch spätestens hier sollte man sich einmal mit der Möglichkeit des Alleinseins befassen oder wenigstens einmal den Satz mit einer Frage an sich selbst beginnen. Obgleich das wohl oft nur einer beliebig losen Absicht gleicht – oder verlorenes Wunschdenken. Denn vordergründige, alles bestimmende Harmoniesucht beläßt doch aus Angst vor dem Dunkel vieles im Dunklen.
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