
Als sie geendet hatte mit dem, was sie vorlas, beglückte sie uns noch mit eigenen Worten. Und diese zeichneten uns ein Bild spontaner, bewegender Lebendigkeit. Es war eine Flut ergreifender Wärme, die nur aus einem fühlenden Herzen fließen können. Als ob ein höheres Wesen unter uns säße, gewann augenblicklich die Empfindung das Bedürfnis, sich nur noch auszudrücken, nicht mehr über Lippen, nein, das Herz zu öffnen und immerzu es strömen zu lassen in einem einzigen Fluß – nach unserer Erfahrung mit dem Tode – für heute und für immer in den Ozean aller Leben.
Sie vermochte damit eine Atmosphäre in den Raum zu zaubern, die in einem solch erhabenen Maße von uns allen Besitz ergriff, daß keinem der Beteiligten etwas anderes übrigblieb, als sich nur schweigend einer wohligen und allem übergeordneten Kraft zu überlassen. Ferner schien es mir, als sei gerade dies der Augenblick, wo wir nicht mehr in der Rolle des Beschauers waren, sondern wir waren das Beschaute.
Wir gingen die alten Wege aus den frühen Kindheitstagen. Berührungen von damals schärfen die Sicht und das Bewußtsein von heute, und doch stehen wir wieder vor neuen Fragen.
Ein bedrücktes Herz gibt
Stumm mit schwerem Atem
Ein Gebet in die Zeit:
Wie lange geht das Warten?
Muß man es immer wieder neu lernen,
Das Leben, mit all diesen Lehren?
Eine neue Blüte streckt
Ihr sündenfreies Blatt
Zur Sonne hin und weckt
Die Unschuld, die es hat.
Danken
in Frieden und Trauer
Die Fürbitten scheinen sich zu gleichen.
Was trennt den Nehmer von dem Geber?
Und wann beginnt das Leben zu verstreichen?
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