
In den Verwirbelungen meiner übermütigen Unternehmungen hat dein weiches Band trotz allem stets mein Herz bewegt, um meine gefühllose, rücksichtslose Wildheit abzumildern – und mich dann in eine neue Erfahrung zu entlassen, von der du wußtest, daß meine Leere dich sucht. Ja, du hast immer gefühlt, wie sehr eine tiefe verborgene Sehnsucht dich vermisste und an dich glaubte. Und Mutter, du weißt von der ersten Stunde, von der ersten großen Verzweiflung? Die Angst, ja die Panik vor dem ewigen Nichts. Da waren die frühen Versuche, mich in deinen Schoß zu begeben; sie scheiterten. Ich konnte den Weg nicht gehen, so blieben nur die Versuche, die mich mehr und mehr enttäuscht in die Versuchung führten – und mich irgendwann blind werden ließen in den wirren Anstrengungen, den Fortlauf meiner Geschichte zu ändern. Das Dunkle des Tages hatte mich nach und nach gefangen.
Heute weiß ich: Wo die Liebe fehlt, fehlt das Leben. Ohne sie, lebt nur noch leeres, austauschbares Sein. Taumelnd verlor ich mich und verlor die Offenheit für dich. Diese schmerzhafte Erfahrung gebar wohl die bittere Erkenntnis, den Wert der Liebe nie mehr leichtfertig herzugeben – und ihn für immer zu bewahren. Zudem soll all das Geschehene eine Aufforderung sein, mit der Liebe die Herzen der Krieger zu erweichen, so daß sie die Waffen für immer niederlegen, das Kämpfen beenden und sich ihre eigene Trauer besehen. Nachdem sie diese Trauer bis auf den Grund erfahren haben, werden auch sie ein mächtiges Verzeihen empfangen. Du zeigst mir das. Du gibst es ihnen. Und ein neuer Blick auf die ehemaligen Gegner wird sie um Vergebung bitten lassen. Deine Liebe wird ihnen dann mit unendlicher Gnade zeigen, welch enorme Schmerzen sie sich einander zugefügt haben. Uraltes, ewiges Leid wird heiß aus ihren Augen quellen, und fortan wird ein großer rauschender Frieden das Land überziehen.
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