
Oh welch eine Verzweiflung. Als würde der Himmel die gesamte Liebe wegnehmen. Das war nicht zu verstehen. Stille Bitten schickte ich durch kalte und dunkle, durch klare und schneidende Luft in den Himmel, wo das doch jemand hören mußte… Wenn es dort niemand hört, wo sonst. Oder etwa doch irgendwo auf der Welt, wo ein Mensch sich wie durch ein Wunder berührt fühlt: So wie ein Lichtstrahl ein Herz berührt und es dadurch ein klein wenig Trost und Hoffnung findet, so fühlte ich manchmal die Berührung der Liebe. Doch weiß ich längst nicht mehr, wie sich die Lippen anfühlen. Der Staub des Alltags macht sie spröde und trocken. Und immer wieder das gleiche Bild: Wie zwei nach Liebe und Erlösung sich sehnende Herzen sich in verzehrender Sehnsucht eng umschlungen und einander verschmolzen einst der Ewigkeit ergaben…
Wenn mich einmal die Unruhe in die Kälte der Nacht hinausführte und kein Himmel mehr zu sehen war, dann erschien mir das Miteinander mit anderen Menschen wie das Suchen verirrter Kinder in all ihrer Not und Ausweglosigkeit; die vereinsamt, verstört, ängstlich, mutlos und ohne Licht immer tiefer in die Kälte abgleiten. Vielen Zurückgebliebenen fehlt die Möglichkeit, sich aus dieser Ausweglosigkeit in eine andere Wirklichkeit zu führen, etwa so, als würde man ständig nach dem gleichen Traum erwachen, und der sich auch durch noch so viele Umdeutungen nicht beeindrucken läßt.
Vielleicht war das mit ein Grund, daß ich in frühester Zeit Belehrungen hatte annehmen müssen, deren ich mich im Grunde meines Wesens stark widersetzte. Ich war manchmal verzweifelt, daß die anderen mich nicht verstanden. Ich habe das beste daraus gemacht, allerdings mit der Folge: Die Essenz, die mich tragen und führen sollte, habe ich mit der Zeit vernachlässigt, – bis ich verbraucht und unfühlbar wurde. Mancher neigt in einem solchen Zustand dazu, die Vielfalt der evolutionären Möglichkeiten auf die eigene geringe Vorstellung zu reduzieren. Immer geringer. Von anderen übernommene Lehren haben oft die Eigenschaft, die eigene Entwicklung zu lähmen. Doch manchmal dienen sie auch dazu, wichtigen Halt zu finden. Den Ausweg jedoch, diesen Halt irgendwann wieder aufzugeben, erfordert viel Mut, Mut, mit den eigenen Eigenschaften wieder in Berührung zu kommen…
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