Das Herz der Erde

Das Herz der Erde

Jedes verlassene Gefühl verlangsamt mit der Zeit die eigene Entwicklung, und die Zeit scheint immer rascher voranzuschreiten – bis man sich nach einer langen Wegstrecke unweigerlich an die Stationen zurückerinnert, um verlorene Teile oder Werte des einzigartigen Selbst wieder zu erkennen, zu betrauern oder in sich hineinzunehmen. Das Leben drängt unablässig, damit das eigene Wesen wieder gelebt wird – und nicht das, was andere ständig erwarten oder fordern. Jene Liebe, die andere so gerne von einem erwarten, ist womöglich die Pflicht, die das eigene Wesen einmal erschöpfen wird. Doch wenn man nicht mehr in gewohnter Weise für andere da ist, so ist die Vorstellung kaum zu ertragen, daß man noch liebevoll sein soll. Schlimmer noch: daß man anderen gar zur Belastung wird. Wer immer nur an andere denkt, hat sich womöglich längst verloren – und kennt seinen eigenen Wert nicht mehr. Ja, im Inneren scheint oft eine diffuse und mächtige Kraft der Pflicht zu wirken, die einen in erschreckender Weise antreibt, – einem Schatten, einer Schuldigkeit zu folgen, bis man verbraucht ist. Aber: Gott hat das nicht gefordert!

Die göttliche Liebe bittet um aufrichtiges Verzeihen, Verständnis und Nachsicht gegenüber sich selber – und darum, daß man unangenehme oder gar schmerzliche Erfahrungen machen mußte, weil man es nicht besser gewußt hat. Aber ohne Erfahrung gibt es keine wirkliche Entwicklung! Und gerade hier ist Gott näher als man denkt. Wer nicht mehr weiß, was er sich einst vom Leben versprach, sieht Gott oft in weiter, weiter Ferne, ohne zu bedenken, daß er womöglich gerade da ist, eingreift oder dem verunsicherten Herzen Mut zuspricht. Wer glaubt schon, daß Gott hilft, wenn man alles verloren sieht?! Wie oft war er einem Menschen ganz nah und der sah ihn unendlich weit entfernt?! Und wie oft ist er lebendig im Herzen und man fühlt diese göttliche Liebe nur im Andern?! Was bleibt von einem großen Traum, wenn im Laufe der Zeit Zweifel und Ängste alles zernagen? Der Halt bricht weg, und urplötzlich erscheint die Hoffnung des ewigen Menschheitstraums: aus den Fugen, aus dem Sinn – und ohne Leben! Manchmal nur für einen Augenblick, um sich wieder neu zu finden…

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